Premiere 5. März 2022 in der Volksbühne am Rudolfplatz
Ein Automatenbüfett ist nicht nur der letzte Schrei in der Kleinstadt Seebrücken zur Zeit des sozialen Umbruchs in den Goldenen Zwanzigern – es ist auch der Begegnungsort für Ausgestoßene der Gesellschaft wie Stadthonoratioren gleichermaßen. Sie alle sind fasziniert von der technischen Sensation, mit der die geschäftstüchtige Wirtin Frau Adam imstande ist, große Mengen an Personal einzusparen: Ein Snackautomat, bestückt mit Lachs- und Jagdwurstbrötchen.
Vom abgebauten Lehrer bis zum Stadtrat treffen alle in der Wirtsstube und im angrenzenden Hinterzimmer aufeinander, wo der lokale Anglerverein umweltfreundliche Neuerungen in der Fischwirtschaft kontrovers diskutiert. Alles geht seinen kleinstädtischen Gang – doch als Frau Adams Gatte eine junge Frau vor dem Ertrinken rettet und als neue Servierkraft anstellt, gerät die soziale Ordnung zusehends aus den Fugen. Der bürgerliche Firnis erhält immer tiefere Risse und die gar nicht so ehrbaren Gäste des Automatenbüffets werden zu Kontrahenten um Geld, Erfolg und Liebe. Als schließlich auch noch der alljährliche Festumzug stattfindet, entladen sich die aufgestauten Begehrlichkeiten der Figuren in einer regelrechten Walpurgisnacht – und so wird hinter Bier, Wurstbroten und provinzieller Günstlingswirtschaft immer deutlicher die Katastrophe des aufdämmernden Faschismus sichtbar.
Das erst kürzlich wiederentdeckte und zuletzt von Barbara Frey am Wiener Burgtheater inszenierte Automatenbüfett, das die jüdische Autorin Anna Gmeyner 1932 kurz vor ihrer Emigration aus Deutschland schrieb, spannt so unterschiedliche Themen wie wachsenden Antisemitismus, ökologische Nachhaltigkeit und die fortgreifende Ökonomisierung menschlicher Beziehungen vor der komödiantischen Kulisse des Volkstheaters auf. Mit zupackendem Humor, aber nicht ohne Hoffnung gelingt Anna Gmeyner der panoramaartige Querschnitt durch eine gefährdete Gesellschaft auf Messers Schneide. Anlässlich des 100jährigen Bestehens der Kulturvermittlungs-Organisation Verein Freie Volksbühne kommt das vergessene Juwel, dem durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten eine kontinuierliche Aufführungstradition versagt blieb, nun als Koproduktion der Theaterinstitutionen auf der Aachener Straße mit prominenter Besetzung auf die große Bühne des einzigen erhaltenen Kölner Theatersaals aus der Vorkriegszeit.
Regie
Susanne Schmelcher
Ausstattung
Christina Kirk
Musik
Buddy Sacher
Mit
Daniel Breitfelder
Marc Fischer
Nicole Kersten
Gerd Köster
Susanne Pätzold
Jonathan Schimmer
Nele Sommer
u.a.